Neue Musik - Aktueller Jazz - Improvisierte Musik

Gesellschaft für zeitgenössische Musik Aachen

©Arthur Possinng Quartett + Joel Rabesol mit freundlicher Genehmigung des Künstlers

Arthur Possing Quartet mit Joel Rabesolo (LUX/D/F/MDG)

Donnerstag, 16.10.2025 um 20 Uhr in der Kammer des Theater Aachen

Arthur Possing – piano, Fender Rhodes, effects
Pierre Cocq-Amann – saxophones, flute, xaphoon
Sebastian “Schlapbe“ Flach – double bass, effects
Niels Engel – drums
Joel Rabesolo – acoustic & electric guitar, effects, voice

 

Was passiert mit der Identität einer Band, wenn ein Musiker mit einer ganz eigenen Handschrift hinzukommt? Als der Pianist Arthur Possing die Zusammenarbeit mit dem Gitarristen Joel Rabesolo ins Auge fasste, hatte er das richtige Gespür. Im besten Fall, das war ihm klar, würde seine Band ihre gewachsene Identität bewahren und weiterentwickeln – und gleichzeitig durch die neue Verbindung weitere Farben und eine neue kreative „Schicht“ gewinnen. Und genau das geschah. Die sorgfältig arrangierte Verbindung des international besetzten Arthur Possing Quartetts aus Luxemburg mit dem aus Madagaskar stammenden Joel Rabesolo ist ein echter Glücksfall, wie das gemeinsame Album „Homes“ beweist. Es ist kein Zufall, dass es mit seinen rund 70 Minuten Spielzeit geradezu überquillt vor packenden Stücken, vor facettenreicher Musik. Vier Kompositionen des Leaders, dazu je drei von Saxofonist/Flötist Pierre Cocq-Amann und von Joel Rabesolo – das ist die Essenz einer umfangreichen Auswahl, die das Quintett vor und während der intensiven Zeit im Studio erarbeitet und eingespielt hat. Statt einer willkürlichen Ansammlung von Tracks sollte die Kombination der Titel ein stimmiges Ganzes ergeben. So wird „Homes“ zu einer wahren Hörreise.

Das Arthur Possing Quartett trat 2013 zum ersten Mal auf. Der Pianist, der aus einer musikalischen Familie stammt und nach anfänglicher Schlagzeugausbildung zum Klavier wechselte, war damals erst 17 Jahre alt und brachte bereits eigene Stücke mit. Während seiner Jahre am Conservatoire Royal de Bruxelles, wo er von der Jazzkoryphäe Eric Legnini gefördert wurde, entwickelte das Quartett seinen eigenen Sound und Charakter. 2018 erschien das Debütalbum „Four Years“. Auf Double Moon folgte 2021 „Natural Flow“ – an einigen Titeln beteiligt: der Trompeter Thomas Mayade. Mit dem Klavieralbum „ID:entity“, ebenfalls auf Double Moon, erlaubte sich Possing 2023 einen solistischen Abstecher. Der wirkt nach. „Dadurch bin ich als Pianist gewachsen, technisch und im Ausdruck. Diese Entwicklung habe ich auch bei dieser neuen Produktion sehr stark gespürt.“

Seine musikalische Heimat aber, das betont er, bleibt das Quartett. „Wenn ich an einer Komposition sitze, denke ich zuerst an diese Gruppe. Da fühle ich mich wohl, da kommen alle Einflüsse, die mich geprägt haben, in besonderer Weise zusammen.“ Wichtig ist ihm aber auch eine Art Kollektivgeist, ein offenes Miteinander, ein gemeinsames Experimentieren. Auch das hat dazu beigetragen, dass die Band zu einer echten Einheit mit unverwechselbarem Sound und eigener Ausrichtung geworden ist. Saxofonist/Flötist Pierre Cocq-Amann ist Franzose, Bassist Sebastian Flach Deutscher, Possing und Engel sind Luxemburger. Drei der vier leben in Luxemburg, Cocq-Amann gleich hinter der Grenze in Frankreich. Arthur Possing ist der Sohn eines Luxemburgers und einer Deutschen. Er wohnt in Echternach, direkt an der Grenze zu Deutschland.

Der Pianist hörte Joel Rabesolos Gitarre zuerst auf den Fluren entlang der Proberäume des Brüsseler Konservatoriums, dann bei Sessions und kleinen Konzerten. „Jeder hat mir damals von ihm erzählt.“ Rabesolo stammt aus einer Stadt in der Provinz Antananarivo auf Madagaskar. Dort lernte er die Grundlagen des Gitarrenspiels. Und entdeckte neben anderen Musikstilen auch den Jazz für sich. Aus Paris kam Rabesolo, der schon in ganz anderen Zusammenhängen gespielt hat, ans Brüsseler Konservatorium. „Er ist ein fantastischer, einzigartiger Musiker mit einer klaren eigenen Identität, wie ich sie noch nie erlebt habe“, schwärmt Possing. Die beiden fanden musikalisch zusammen, freundeten sich an – und der Pianist begann darüber nachzudenken, in welcher Form sie darüber hinaus zusammenarbeiten könnten. Dabei half, dass sie alle, das Quartett und Rabesolo, eine Art „natürlichen Zugang“ zur Musik verbindet, wie Possing sagt. „Es geht mehr um Energie als um kompositorische Konzepte“ – die Ideen für Stücke und Arrangements ergeben sich unmittelbar daraus.

Die so genannten Worldmusic-Ansätze waren schon früher ein Thema im Quartett. Pierre Cocq-Amann etwa hatte in Frankreich schon mehrfach mit Musikern aus verschiedenen Regionen Afrikas gespielt. „Das hat sich alles ganz natürlich zusammengefügt“. Ein Jahr vor den Aufnahmen zu „Homes“ stand das Quintett zum ersten Mal auf der Bühne. In den folgenden Monaten wurde regelmäßig geprobt. Außerdem fuhr Possing mehrmals nach Brüssel, um mit Joel Rabesolo Ideen auszuprobieren und eine gute Basis für die Produktion zu schaffen. Diese gewissenhafte Abstimmung zahlte sich aus. Als sich die Gruppe mit Rabesolo im Studio westlich von Paris traf, griff alles ineinander. Mehr noch: Die Zusammenarbeit entwickelte eine ungeahnte Dynamik. „Es gibt so viele Dinge auf dem Album, die gar nicht geplant waren. Auch tolle Zufälle, die es noch reicher gemacht haben.“ Die großzügig bemessene Studiozeit ermöglichte es unter anderem, den unterschiedlichsten Vorschlägen nachzugehen. So fügte Cocq-Amann, der sonst Tenor, Sopran und Flöte spielt, einen Overdub-Part auf dem Altsax hinzu. Possing setzte erstmals ein Fender Rhodes E-Piano mit Effekten ein – er hatte sich schon in jungen Jahren für die klassischen Aufnahmen der 70er Jahre von Chick Corea und Herbie Hancock begeistert. Die überraschende Coda des ausgedehnten Schlusstracks, die auf einem Madegassegroove basiert, stammt natürlich von Rabesolo. Spannend sind die dynamischen Entwicklungen in den längeren Stücken. Insgesamt, so Possing selbst, dominiert hier bei aller Intensität „eine gewisse Leichtigkeit“.

Ein buntes Album – mit einem passenden Cover. Zum Titel „Homes“ hat Possing ein passendes Zitat gefunden. Ein Zuhause muss nicht der Ort sein, an dem man wohnt. Es kann auch dort sein, wo das Herz ist, wo Menschen sind, mit denen man verbunden ist, wo man sich wohl fühlt. Auch: musikalisch!

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